Die letzten Jahre waren gekennzeichnet von einer steigenden Inflation. Nach kurzen Erholungsphasen gab es immer wieder einen Tiefschlag. Da müsste doch die nun angekündigte Deflation den herbeigewünschten Segen bedeuten? Warum die Experten nun Angst vor der Deflation haben.

Druck auf EZB wächst

Die rapide Preissteigerung hat gestoppt, sie geht sogar stellenweise in der EU zurück. Endlich ist das lang ersehnte Aufatmen möglich. Gleichzeitig wächst damit der Druck auf die straffe Geldpolitik der Europäischen Zentralbank. (EZB) Die Inflationsrate sank im März auf nur noch 0,5 Prozent, so tief wie schon lange nicht mehr. Die Analysten hatten einen Wert von 0,6 Prozent vorhergesagt.

Dieses Inflations-Niveau hatten wir zuletzt im November 2009, berichtet N-TV. Damals kam es zur Weltwirtschaftskrise und nun werden wieder Erinnerungen wach. Den „Preisauftrieb“, wie er genannt wird, dämpfte vor allem der Rückgang der Energiekosten um 2,1 Prozent zum Vorjahr. Am Donnerstag wird die EZB über den aktuellen Kurs debattieren und bei ihrer Zinssitzung mögliche Konsequenzen besprechen. Im März gab es „nur“ einen Preisanstieg von einem Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Spaniens Bürger können sich sogar über leicht fallende Preise freuen. Warum also ist dies so ein Problem für die europäische Wirtschaft?

Mit Blick auf Japan

Für die EZB war es schon klar, dass die Verteuerung um die zwei Prozent liegen sollte. Mit dieser Marke verbinden die Analysten stabile Preise und einen ausreichenden Abstand zur Deflation. Alarm schlagen will zurzeit aber noch niemand, zum Handeln seien sie aber sofort bereit, sollte eine Deflation drohen.

Die Erinnerung an die 90er Jahre in Japan setzt ein. Dort hatte man sich damals auf stabile Preise für die nächsten Jahre verlassen und bekam dann den grossen Denkzettel verpasst. Ifo-Chef Hans Werner Sinn warnt vor dem übertriebenen Sparstrumpf der Europäer: “Der Verbraucher hält sein Geld zusammen, gibt es nicht aus und wartet auf das nächste Jahr. Das wirkt auf Dauer nachfragemindernd und verstärkt die Deflationsspirale.“

Wenn Firmen ihre Produkte zu niedrigeren Preisen verkaufen müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben, dann drohen Sparprogramme und Entlassungen. Kredite werden seltener aufgenommen, da die Währungsstabilität wankt. Der Leitzins der EZB liegt schon bei 0,25 Prozent, womit kaum noch Handlungsspielraum für die Notenbanker besteht. Eine Lockerung der Geldpolitik sei aber wichtig, so EZB-Präsident Mario Draghi, wenn die Deflation weiter voranschreiten sollte.

Thomas Gitzel von der VP Bank meint dazu: “Die Währungshüter dürften wohl den Rückgang weiterhin als temporär erachten. Allerdings ist hierbei das letzte Wort noch nicht gesprochen. Die schuldengeplagten Länder überraschen mit Preisrückgängen. Im Frankfurter Euro-Tower wird man wohl über kurz oder lang auf die deflationären Tendenzen in den Peripheriestaaten reagieren müssen.”